Vorbemerkung:

Der Fragebogen zur Kirche in Narzym ist vermutlich von Pfarrer Emanuel Eduard Moritz Reskoss aus Königsberg beantwortet worden. Er war von 1849 – 1875 Pfarrer in Narzym. Von Pfarrer Otte ist keine Zusammenfassung vorhanden. Wir haben deshalb den Fragebogen selber ausgewertet (M.H. und U.K.). Es könnte aber einen Bericht von Pfarrer Otte gegeben haben, der wohl verloren ging. Denn auf dem ersten Blatt steht der Hinweis: Eingegangen mit dem Bericht des Pastors Otte zu Fröhden vom 7. Mai 1869.

Im Kirchspiel waren Jahrbücher vorhanden, die aber insbesondere die Erlebnisse der einzelnen Geistlichen enthielten. Eines dieser Jahrbücher enthielt eine Nachricht über den Ursprung des Ortsnamens, die im Fragebogen folgendermaßen wiedergegeben wurde.

Nach dem Jahrbuch der Narzymer Kirche von dem Ursprunge des Ortsnamen, erzählt die gemeine Sage folgendes:
„es soll in früheren Zeiten, wie natürlich in dieser Gegend eine große
„Wildnis von hohen Bäumen und sehr dichtem Gesträuche gewesen sein-
„so daß man sich mit Mühe durchdrängen konnte. Ein Bauer aus
„Kischinen, der Bast von Lindenholz brauchte, kam bei
„dieser Beschäftigung bis an den Ort, wo jetzt die Kirche
„und das Dorf Narzym stehet und fand die Ringmauer
„zur Kirche und dem Thurm völlig aufgebaut; um
„nun den Ort wieder zu finden, schnitt er beim Rückwege
„nach Kischinen in die Bäume ein. Die polnische Sprache
„oder die slawische, war zu der Zeit wie jetzt hier
„üblich u. wie bestimmt ganz anders ausgesprochen. Nach
„dieser Sprache heißt „aufschneiden“ narznac; hinfolglich
„soll von narznac der Name Narzym entstanden sein.
„Es gibt noch in Polen eine ansehnliche Familie, die
„ihren Geschlechternamen von diesem Orte führen u. Na-
„rzymski heißen. Ihr Vorfahr soll im Schloß zu Na-
„rzym – kann nur sehr unbedeutend gewesen sein, da auf
„deßen Stelle jetzt eine Schmiede steht – gewohnt und Narzym,
„Wiersbau, Rywoczyn, Brodau, Illowo u. Kraschewo besessen
„haben. In einem unglücklichen Karten Spiel soll er alle die
„vorgenannten Dörfer an den Herzog von Preußen auf dem
„Schloß in Soldau für 12000 Dukaten verspielt haben. Seine Nach-
„kommen besonders ein Narzymski, der in preußischen Diensten als
„Oberster stand, wollte diese Dörfer wieder kaufen, allein er
„bekam vom Regenten die Antwort, daß bei ihm keine
„Dörfer fail sind.

Nach der Mitteilung vom damaligen Pfarrer waren von dem oben erwähnten Schloß in Narzym noch die Fundamente erhalten und die Schloßgräben noch erkenntlich.

Auch würde sich bei Narzym das Rittergut Illowo, in neuer und gewöhnlicher Bauart, befinden. Gegenwärtiger Besitzer Donath; vor 13 Jahren Amtmann Ruehe. Vor dem letzten Kriege hat es eine lange Zeit die Familie von Oelschnitz im Besitz gehabt.

Zum Kirchengebäude, zur Ausschmückung der Kirche, zu Kirchengeräten und zur Umgebung der Kirche wurden im Fragebogen folgende Angaben gemacht:

A. Kirchengebäude
Die Kirche in Narzym ist eine Mutterkirche königlichen Patronats. Sie ist aus Feldsteinen und Ziegeln errichtet und in der Bauweise der Kreuzritter erbaut. Sie ist 67 Fuß lang, 31 Fuß breit und 22 Fuß hoch. Vor 14 Jahren ist die Kirche abgeputzt worden. Der Turm im Süden ebenfalls aus Stein , auf dessen Spitze ist ein preußischer Adler angebracht. Zwei Eingänge im Süden und Westen nach gotischer Bauweise mit Spitzbogen. Vor der Tür eine geschlossene Halle, der Tür gleichzeitig hinzugefügt. Fenster 6 Fuß hoch, früher in Spitzbogen eingewölbt. Seit der Renovierung und Abputzung der Kirche rechteckig, was zu der altertümlichen Bauweise ganz unpassend ist. Vor den Wänden befinden sich Strebepfeiler ohne Verzierung. Das Dach ist geschützt vor Nässe, meistens mit Dachpfannen gedeckt, nur ein kleiner Teil noch mit Nonnen, die noch zu den ältesten gehören, welche die Baukunst aufzuweisen hat.
Die Kirche ist mit einer flachen Decke überspannt. Die Wände sind geweißt. Das Altarhaus befindet sich zu ebener Erde und ist geradlinig. Zwei Mannchöre aus Holz befinden sich rechts und links beim Eingange von Süden. Es ist eine Treskammer (Sakristei) vorhanden. Sie ist von Ziegeln und befindet sich im Osten der Kirche.

B. Ausschmückung der Kirche
Der Altar im Ost ist mit einer sehr einfachen Decke belegt. Über dem Altar befindet sich die Kanzel. Sie ist einfach und von Holz. Die Taufe ist ebenfalls von Holz und mit einer einfachen Decke belegt. Sie steht links vom Altar. Das Taufbecken ist eine zinnerne Schale.
Zwei Glocken hängen im Turm; eine ist 2 Fuß 2 Zoll, die andere 2 Fuß im Durchmesser. Beide sind 1,5 Fuß hoch und wurden im Jahre 1650 gegossen. Die 1818 angefertigte kleine Orgel ist von gewöhnlicher Form.

C. Kirchengeräte, Gewänder, etc.
Die Kirche besitzt einen kleinen Kelch und eine Patene von Blech, versilbert zum Gebrauch bei Krankenkommunion. Von derselben Art, ein größeres und einen silbernen Kelch und eine silberne Patene von 1845.

D. Umgebung der Kirche
Die Kirche ist von einem mit einem Zaun eingefassten Kirchhofe umgeben. Auf dem Kirchhofe befinden sich zwei gotische Grabmonumente. Die Schrift in der Tafel ist nicht zu lesen. Ausgeführt sind die Monumente von Ziegeln, die Urne von Sandstein.

Anmerkungen:

Die erste Kirche wurde um 1400 erbaut. Nach einem Brande im Jahre 1410 erfolgte der Wiederaufbau der Kirche erst Ende des 15. Jahrhunderts, dabei wurden die unteren Teile der Mauer wiederverwendet. 1)
1728/29 wurde die Kirche nach einem Plan des Landbaumeisters Johann Caspar Hindersin erneuert und um 1745 von Zimmermeister Johann Schröter aus Schlobitten und Maurermeister Andreas Zänker aus Soldau gründlich repariert. 2) Ab 1772 zogen auch evangelische Leute in die benachbarten Gegenden Polens, die nach den polnischen Teilungen zur preussischen Provinz »Neuostpreussen« gehörten. Besonders die Evangelischen aus Mlawa und Umgebung hielten sich zur Kirche in Narzym. 1818 bekam die Kirche eine neue Orgel, die der Orgelbauer Zielinski geschaffen hatte. 1848 wurde das Dach erneuert, die alten gotischen Spitzbogenfenster durch ausbrechen der Spitzbogen erweitert und der bisherige Bau aus rohen Ziegeln mit Kalk abgeputzt. 1911 wurde eine Sakristei angebaut und eine neue Orgel vom Orgelbauer Noack-Jerutten errichtet. Im Weltkriege wurde die Orgel zerstört. Die Kirche selbst blieb erhalten, litt aber unter den Kämpfen. Sie wurde aber bald wiederhergestellt und neue, von der Danziger Werft gegossene Glocken wurden 1927 eingeweiht.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Kirche katholisch und war zunächst eine Filiale der Kirche in Iłowo (Illowo). Im Jahre 1963 wurde sie eine selbständige Pfarrgemeinde. Um 1980 wurde die Pfarrkirche restauriert.

Kirche in Narzym
Die Kirche nach 1911
Kirche in Narzym
Die Kirche im Jahre 2007
Bild: »Creative Commons« von Beax. Lizenz: CC BY-SA 2.5

Quellen / Literatur / Anmerkungen:

1) Dehio – Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen – Berlin 1993, S. 428
2) Fritz Gause – Geschichte des Amtes und der Stadt Soldau – Hamburg 1998, S. 170 ff.


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