Die Auswertung des Fragebogens zur Kirche in Thurau von Pfarrer Otte:

Teil 1
In heute üblicher Schrift:

R.B. Königsberg. Kr. Neidenburg
Thurau
polnisch Turowo, adl. Gut und Dorf, nach Goldbecks
Topographie von ostpreuß. Cammer-Department S.191
im Besitz eines adligen Einsassen und unter der
Gerichtsbarkeit des damaligen Erbamtes Gilgenburg.
A. Eine katholische Mutterkirche assumptionis
B.M.V., über welche es an Nachrichten ganz zu
fehlen scheint. Nach Goldbeck a.a.O. gehört sie
zur Inspection des Bischofs von Culm, das Patronat
ruhte auf dem Erbamte, und die Kirche, der
ein Antheil an dem Besitze des Gutes zustand, muß-
te sich auch selbst unterhalten. Das vorhandene

Teil 2

Gebäude, äußerlich aus Bindewerk, innerlich aus
Holz, besteht aus zwei Theilen: dem Schiff und
dem östlich vorliegenden rechteckigen Presbyte-
rium von geringer Breite. Die Maße sind
angegeben: 60 Fuß lang, 30 Fuß breit und 20 Fuß hoch. Am West-
theile des Schiffes befindet sich der Thurm aus Fach-
werk mit spitzem Schindeldach. Durch denselben
führt der einzige Eingang, eine spitzbogige Thür,
in die Kirche; die Fenster sind rundbogig.
Die Holzwände des Inneren sind mit Apostel-
figuren bemalt, die gewölbte Bretterdecke
ist ohne alle Verzierung. Die Dachpfannenbe-
bedachung ist sehr schlecht.

Teil 2

Drei Altäre: einer im Presbyterium
und zwei am Ende des Schiffes, die Tische
haben Holzdecken, und in dem Aufsatz
des (Haupt-?) Altares befindet sich ein
Bildniß des Erzengels Michael. – Die
schmucklose Kanzel befindet sich auf der
Nordseite des Altarhauses, und südlich
gegenüber steht die hölzerne Taufe. –
Vier Glocken ohne Inschriften, im Glocken-
stuhle auf dem Kirchhofe. – Eine fast
unbrauchbare Orgel. – Vasa sacra, ver-
goldet, sonst ganz gewöhnlich. – Das
Kirchensiegel mit einer Kirche.

Bildwerke vom Altar
Bildwerke vom Altar aus der Kirche (um 1720)
Anmerkungen:

Lateinisch assumptionis B.M.V. (Beatae Mariae Virginis) bedeutet Mariä Aufnahme in den Himmel, auch Maria Himmelfahrt.
Schon im 13. Jahrhundert existierte in Thurau eine Kirche. Während der Reformation wurde sie lutherisch und später wieder katholisch. Das alte 1687 geweihte Kirchengebäude war äußerlich von Bindewerk. Unter Bindewerk ist wohl eine Fachwerkskonstruktion zu verstehen. Polnisch wird Fachwerk »pruski mur« (preußische Mauer) genannt, wenn der Raum zwischen den Holzbalken (das Gefach) mit Ziegeln ausgefüllt ist. Es gibt allerdings auch einfaches Fachwerk, bei denen die Gefache mit einem Holzgeflecht (z.B. Weidengeflecht) ausgefüllt sind und mit Lehm verputzt werden.
Die alte Kirche wurde Ende des 19. Jh. abgerissen und 1894 – 95 durch einen neugotischen Backsteinbau ersetzt. Das Dach und der Innenraum wurden 1945 zerstört. 1964 – 65 wurde die Kirche wiederhergestellt. 1)
An Kirchengeräten waren zwei vergoldete, sonst ganz einfache Kelche mit Patenen und eine einfache vergoldete Monstrans vorhanden. Auf dem Kirchhof stand ein ganz einfaches Kreuz.

Kirche in Thurau
Kirche in Thurau, 2016

Quellen / Literatur / Anmerkungen:

1) Dehio – Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen – Berlin 1993, S.629 ff.


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